Kategorien
2024 NFL Draft

Ferdi’s Verdict: Warum die Falcons einen WR an #8 draften sollten

Der Draft ist nur noch einen Tag entfernt und es scheint weiterhin ziemlich offen, wen die Falcons an #8 picken werden. Doch obwohl die 2024er Draftclass drei exzellente WR-Prospects bietet und die Falcons – zumindest meiner Meinung nach – einen deutlichen WR-Need haben, mockt kaum jemand einen Receiver nach Atlanta. Ich verstehe nicht warum – und mache meinen Case dafür, warum ein WR an #8 der mit Abstand beste Pick wäre.

Dieses Jahr, so scheint es zumindest, hat man eine relativ klare Vorstellung davon, was in den 7 Picks vor den Falcons passieren wird. Müsste ich tippen, würde ich aktuell sagen: Es gehen alle 4 QBs vor #8, dann gehen zwei WR (Marvin Harrison Jr. plus Malik Nabers/Rome Odunze) sowie OT Joe Alt (oder mein Geheimtipp: JC Latham zu den Chargers an #5).

Nach Adam Riese wäre dann an #8 noch zumindest einer von Malik Nabers und Rome Odunze auf dem Board. Eigentlich ein Grund für Terry Fontenot & Co, eigenhändig zum Podium zu rennen und im War Room 28 Flaschen Champagner zu köpfen. Doch wenn man sich die Quoten, wenn man sich die Mock Drafts von Jeremiah, Reuter & Co oder auch die Wünsche von Falcons-Fans anschaut, zeichnet sich ein anderes Bild.

Denn in den allermeisten Fällen wird ein Edge zu den Falcons gemockt. Die Wahl fällt dabei häufig auf Dallas Turner oder Laiatu Latu, wobei man auch Jared Verse oder gar Chop Robinson nicht komplett ausschließen sollte. Neben Edge wird auch Cornerback als Option debattiert, hauptsächlich mit dem ultra-athletischen Quinyon Mitchell. Zuletzt kamen auch Gerüchte auf, dass ein DT mit Byron Murphy denkbar ist.

Nun, dass vor allem Defense-Spieler nach Atlanta gemockt werden, kommt nicht von ungefähr. Während die Falcons-Defense 2023 stark verbessert war, fehlt personell weiterhin einiges zu einer Top 10-Unit. Besonders auf Edge mangelt es massiv an Qualität, aber auch ein CB2 hinter Terrell ist ein Need. Viele Falcons-Fans sind der Auffassung, dass man nach einer Offseason, in der man sehr viele Ressourcen in die Offense investiert hat (Cousins, Mooney) und quasi keine in die Defense, im Draft dazu verdammt sei, einen Defensive Player zu picken.

Und sicher, vor allem für einen Edge an #8 kann man gute Argumente finden. Der Need ist offensichtlich und der vermutlich größte auf dem Roster. Bei den Falcons streiten sich Arnold Ebiketie und Lorenzo Carter um die Rolle als bester Edge – zwei Spieler, die bei genug anderen Teams gerade mal rotational Edge #3 oder #4 wären.

Der Pass Rush ist seit Jahren ein Problem. Hier individuelle Qualität zu haben, die 1vs1 ihre Duelle gewinnt und auch ohne Blitzing für Pressure sorgt, ist schematisch enorm wertvoll. Den Falcons fehlt diese Qualität, zumindest auf Edge.

Dazu ist Edge grundsätzlich ein sehr vernünftiger Pick in Runde 1. Es ist eine Premium Position, auf der die besten Spieler mittlerweile 25 Mio/Year und mehr verdienen. Der Surplus Value eines guten Edge auf Rookie Contract ist entsprechend riesig.

Timo Riske hat dazu einen super spannenden Artikel geschrieben, den ich als Draft-Vorbereitung nur empfehlen kann. Die kurze Kurzfassung: Edge ist (nach QB) neben WR, OT und DT die Position, auf der du an der Spitze des Drafts im Schnitt den meisten Surplus Value generierst.

Auch von Ben Baldwin gibt es zum Thema Surplus Value einen sehr empfehlenswerten Artikel. Das im Diagramm schön veranschaulichte Fazit: Unter den non-QBs ist Edge die Position, auf der du (neben DT und knapp vor OT) vor allem in der ersten Runde den meisten Surplus Value generierst.

Edge ist grundsätzlich also eine Position, auf der ein Pick früh im Draft guten Value bietet. Diese Draft Class hat zwar, anders als in vielen Jahren, kein blue-chip Prospect auf Edge. Aber trotzdem gibt es spannende First Round Prospects: Dallas Turner ist ein Stück weit ein Projekt, bringt aber hohes Upside und alle athletischen Tools mit.

Laiatu Latu ist nicht ganz so ein Ausnahmeathlet wie Turner, hat dafür aber bereits einen ziemlich ausgereiften Pass Rush-Plan und war am College highly productive. Sowohl Turner als auch Latu (wenn die Medicals stimmen) sind sicher Top 20-Prospects mit einem guten Case für die Top 15.

Man kann also gute Argumente für einen Edge an #8 machen. Es wäre vom Process auch nicht ansatzweise so ein mieser Pick wie Bijan Robinson letztes Jahr. Und wenn man die möglichen Alternativen ausblendet, dann finde ich es vollkommen fine, einen high-upside Edge wie Dallas Turner an #8 zu nehmen.

Aber vermutlich gibt es eben mindestens eine sehr gute Alternative. Und dann halte ich es für falsch, einen Edge zu nehmen, wenn einer der drei Top-WR auf dem Board ist. Während Marvin Harrison Jr. weg sein wird, besteht eine aus dem Hüftgelenk geschätzte 20%-ige Chance, dass Malik Nabers da sein wird, und eine geschätzt 70%-ige Chance, dass Rome Odunze da sein wird.

In diesem Szenario kann Atlanta…

…statt an #8 für einen Need auf einer Premium Position ein Prospect der Kategorie „#11-20“ zu picken

…auch für einen Need auf einer Premium Position ein Top 5-Prospect picken

Klingt simpel – ist es für mich auch. Aus folgenden Gründen:


1. The Most Valuable Player Available

Egal ob es Nabers oder Odunze ist: Beide wären für mich an diesem Punkt des Drafts komfortabel der wertvollste Spieler auf dem Board. In welcher Reihenfolge man die WR hat, ob man Odunze auf einer Stufe oder doch ein Tier unter Harrison & Nabers hat, darüber kann man freilich diskutieren. Aber in einem Punkt sind sich 99% der Draft-Community einig: Nabers und Odunze gehören beide zu den besten WR-Prospects in den letzten Jahren und sind – at least – Top 10-Prospects. Auf meinem Board sind beide sogar Top 5-Picks.

Sind sie der „BPA“? Keine Ahnung, da kann man sogar einen guten Case für Brock Bowers machen. Ist aber auch egal, weil das Prinzip „Best Player Available“ viel zu vereinfacht ist. Positional Value spielt immer eine Rolle, selbst in Front Offices, die sich dem so konsequent verweigern wie dem der Falcons.

Nabers und Odunze wären für mich klar die wertvollsten Prospects an dieser Stelle des Drafts. Sie sind meiner Meinung nach komfortabel vor Turner, Latu oder auch Verse anzusiedeln. Ganz egal ob man die Rankings von Daniel Jeremiah, von PFF, von TheRinger, von Adrian Franke oder von Dane Brugler nimmt: Überall sind alle drei Top 3-WR vor dem höchsten Edge geranked.

Auf dem Consensus Big Board von Arif Hasan finden sich Malik Nabers an #3 und Rome Odunze an #6 wieder. Der erste Defensive Player ist Dallas Turner an #9, dann folgen Quinyon Mitchell an #11, Terrion Arnold an #12, Laiatu Latu an #13, Jared Verse an #15 und Byron Murphy an #16.

Dass WR die vielleicht wichtigste Position in der NFL nach dem QB ist und auch hier der Surplus Value des Rookie Contracts groß ist, kommt nur noch dazu. Bei Nabers oder Odunze passen Positional Value und Talent einfach perfekt zusammen.

2. Need? Need!

Das größte Argument für einen Edge (oder auch CB) an #8 ist der Need. Aber ist der auf WR nicht da? Ich finde, absolut ist er das!

Ja, man hat mit Drake London bereits einen sehr guten WR und man hat Darnell Mooney sowie Rondale Moore geholt. Und ja, auch Kyle Pitts sollte man als gute Receiving Option natürlich nicht vergessen. Reicht das? Meiner Meinung nach nein.

Anders als Arthur Smith’s „run the damn football“-Philosophie bringt Neu-OC Zac Robinson vermutlich einen deutlich passlastigeren Ansatz nach Atlanta (ICYMI: Hier unser Interview mit PFF’s Steve Palazzolo über Zac Robinson). Wir dürften 2024 sehr viel mehr 11 Personnel und sehr viel mehr klassisches Dropback-Game sehen. Das hängt freilich auch mit dem QB zusammen.

Denn während Kirk Cousins wohl nicht mehr in Verdacht kommen wird, ein Top 5-QB zu sein, gibt er den Falcons nach Matt Ryan endlich wieder einen sehr guten Pocket Passer, der eine heavy-volume Passing Offense operieren kann und soll. Die Falcons werden den Ball passen, und dafür brauchen sie WR – so simpel wie das klingt. Cousins ist kein Mahomes oder Allen, der selbst mit einem bestenfalls mittelmäßigen Receiving Corps eine Elite-Offense anführen kann, Cousins braucht seine Weapons.

Bei den Vikings hatte er diese jahrelang. Erst mit Stefon Diggs und Prime Adam Thielen, dann mit Justin Jefferson und weiteren zumindest guten Optionen (TJ Hockenson, Jordan Addison). Die Kombination aus London, Pitts, Mooney und Moore ist keineswegs ein *schlechtes* Receiving-Corps, aber sie ist auch nicht in der Diskussion, zu den besten Receiver-Gruppen der NFL zu gehören.

Drake London ist super, keine Diskussion. Aber dahinter wird es schwieriger. Darnell Mooney sollte der Falcons-Offense Speed geben und litt sicherlich unter dem kaum vorhandenen Passing Game der Bears unter Justin Fields. Aber trotzdem: Ein WR, der in den letzten beiden Seasons zusammen auf 907 Yards kommt, in dieser Zeit 2,6 Receptions und 34 Yards pro Spiel averaged und 2023 nach Yards/Route Run der WR #86 von 96 war, ist für mich keine zufriedenstellende Option als WR2. Mooney ist meiner Einschätzung nach ein solider WR3, der einer Offense als Deep Threat eine andere Dimension gibt, aber er hat für mich nicht die Qualität zum WR2 in einer passlastigen Offense.

Rondale Moore habe ich als Prospect geliebt, wir sprechen hier von einem meiner größten Draft Crushes seit ich die NFL verfolge. Insofern laufe ich glaube ich nicht Gefahr, ihn zu unterschätzen. Aber neben immer wieder auftauchenden Verletzungsproblemen hat Moore leider auch nicht gezeigt, dass er ein full-time Starter in der NFL sein sollte – und das wäre er aktuell bei den Falcons. Moore ist der Typ fun gadget player, der als WR4 eine spannende Option für einen OC ist, der aber eher nicht bei 70% der Offensive Plays auf dem Platz stehen sollte.

Zuletzt ist es auch bei Kyle Pitts eher Hoffnung als Grundvertrauen, dass er wieder an seine Form als Rookie herankommt. Und selbst wenn er das tut, würde den Falcons eine weitere sehr gute Receiving Option guttun – kurzfristig wie langfristig. Odunze oder Nabers wären sofort der WR2 der Falcons und könnten für viele Jahre ein starkes WR-Duo mit Drake London bilden. Dann hast du Mooney als WR3, Moore als WR4 und Pitts als TE1. So sieht ein wirklich gutes Receiving Corps aus, mit dem du dir berechtigte Chancen auf eine Top 10-Offense ausrechnen darfst.

3. Their Own Approach

Die Falcons haben seit Terry Fontenot GM ist immer wieder das „Best Player Available“-Credo gepredigt. Während die daraus entstandenen Picks mit Kyle Pitts und Bijan Robinson zwar keine besonders smarten Entscheidungen waren, weil Positional Value a real thing ist, so kann man Fontenot nicht vorwerfen, er würde nur stur nach Need draften.

Diesem Ansatz sollte er auch 2024 treu bleiben. Odunze oder Nabers würden in das Muster der Falcons 1st-Rounder der letzten Jahre passen, nur dass man diesmal auch wirklich den wertvollsten Spieler auf dem Board bekommen würde.

4. Good Teams Stay Good, Bad Teams Stay Bad

Bisschen verallgemeinert, sicher, aber: Teams, die für scheinbar größere Needs reachen und Value auf dem Board lassen, bleiben in der Regel schlecht. Und Teams, die langfristiger denken, das Board ausspielen lassen und dann Value abgreifen, sind und bleiben meistens gute Teams. Die Baltimore Ravens dürften hier das Paradebeispiel sein, auch die Eagles fallen in diese Kategorie.

Das vielleicht beste Beispiel für einen „Luxuspick“ auf WR (der es bei den Falcons nicht einmal wäre) haben die Cowboys 2020 mit CeeDee Lamb geliefert. Dallas hatte keinen dringenden WR-Need, aber sie haben an #17 das beste Prospect auf dem Board auf einer Premium Position mitgenommen. 4 Jahre später haben die Cowboys einen 25-jährigen Top 5-WR, der gerade eine Saison mit über 1.700 Yards hinter sich hat.

„Wir können keinen WR nehmen, weil wir endlich in die Defense investieren müssen“ ist für mich einfach keine sonderlich sinnvolle Herangehensweise. Nimm Value im Draft mit und ernte die Früchte. Kurz- wie langfristig.


Fazit

Der Falcons-Defense fehlt es an Qualität und insbesondere ein Edge ist in der 1. Runde grundsätzlich keine schlechte Idee. Während Dallas Turner und Laiatu Latu zwar in vielen Draft Rankings außerhalb der Top 10 liegen, wären sie für sich betrachtet an #8 keine Headscratcher – vor allem Turner bringt viel Upside mit und Latu einen guten Floor.

Aber wenn Malik Nabers oder Rome Odunze auf dem Board sind, gibt es für mich (einen sehr attraktiven Downtrade ausgeklammert) am Ende nur eine wirklich gute Option. Denn Nabers und Odunze sind beide herausragende Prospects, die in quasi keinem Ranking außerhalb der Top 10 zu finden sind und alles Talent mitbringen, um sich zu Difference Makern in der NFL zu entwickeln.

Noch dazu bekleiden sie eine der wertvollsten Positionen und die Falcons brauchen für die Offense mit Kirk Cousins als QB und Zac Robinson als OC Receiver. Es passt das Talent des Spielers, es passt der Positional Value, es passt der Need. Für mich wäre es in jeder Hinsicht der perfekte Pick. Von diesem sollten sich die Falcons nicht abbringen lassen, selbst wenn sie bereits viel in die Offense investiert und offene Lücken in der Defense haben.

Drafte Malik/Rome und gedeihe!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert