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2022 NFL Draft Allgemein Interview Matt Ryan Offseason 2022

Im Sturzflug Interview: James Wiebe

Vor dem letztjährigen Draft und teilweise auch noch im Nachgang sprachen sich einige Fans und auch Experten dafür aus, dass die Falcons mit dem vierten Pick den designierten Matt Ryan Nachfolger picken sollten. Bekanntermaßen kam es anders und man entschied für das TE-Unicorn Kyle Pitts. Nach der unrühmlichen & unsäglichen Watson-Nummer traden die Falcons ihren langjährigen Franchise-QB zu den Colts. Nun steht man augenscheinlich ohne langfristige Lösung auf QB da… oder kann Drittrundenpick Desmond Ridder alle überraschen? Darüber wollen wir mit James Wiebe, QB-Connoisseur, reden.

Sturzflug: Wir haben letztes Jahr bereits mit dir über die QB-Prospects gesprochen und warum es sinnvoll wäre für die Falcons da zuzuschlagen. Nun stehen die Falcons ohne Ryan da und haben mit Marcus Mariota einen neuen QB1, dessen Karriere einer Achterbahn gleicht. Daher direkt die Frage ob und wann wird Ridder als Starter übernehmen?

James: Ich halte es auf jeden Fall für möglich, dass Ridder im Laufe der Saison zum Zuge kommt. Der Kader der Falcons ist mit Sicherheit einer der schwächsten der Liga und Teams dergleichen pflegen gerne ihren Starter nach einem holprigen Saisonstart zu demontieren. Dazu kommt, dass Mariota nicht unbedingt in die Kategorie eines unverdrängbaren Starters fällt.

Sturzflug: Wo hast du in der diesjährigen QB-Klasse Ridder eingeordnet und wo würdest du ihn im Vergleich zur letztjährigen QB-Klasse einordnen?

James: Dieses Jahr hatte ich ihn hinter Willis, Pickett, Howell, Corral und Strong an #6. Im Vergleich zum 21er Jahrgang hätte ich ihn vermutlich ebenfalls so gerankt, einen Platz hinter Mac Jones. Fehlende physische Upside die Begründung jeweils.

Sturzflug: Was zeichnet das QB-Spiel von Ridder aus?

James: Ridder ist ein Quarterback, der über die sogenannten Intangibles verfügt, über die im Pre-Draft-Process so gerne und so oft geredet wird.

Er ist ein äußerst intelligenter Quarterback, der bereits ein großes Verständnis davon hat, wie Defenses ihn attackieren wollen und wie er das kontern kann. Das zeigt er sowohl durch seine Reads und Entscheidungen während dem Play, als auch durch die Adjustments die er an der Line durchführt.

Das hab ich offensichtlich nicht selbst auf Tape gesehen, ich vertraue da Analysten die deutlich mehr von Football verstehen als ich.

Dazu loben ihn sämtliche Mitspieler und Coaches als Vorbildathleten, was sicher nicht schadet.

Sturzflug: Woran muss Ridder noch arbeiten, um in der NFL erfolgreich zu sein?

James: Nun ja, Ridder hat klare Schwächen in seinem Game, aber ich tue mich schwer einzuschätzen, inwiefern sich daran arbeiten lässt.

Wir haben in den letzten Jahren immer mehr Quarterbacks gesehen, die mit großartigen physischen Tools in die Liga gekommen sind. Diese Tools, also beispielsweise einen starken Wurfarm oder eine Athletik, die sie als Scrambler oder Runner gefährlich macht, erkaufen ihnen eine gewisse Fehlertoleranz. Josh Allen zum Beispiel konnte fehlende Antizipation bei seinen Würfen verkraften, weil sein Arm so stark war, dass er die engen Fenster in der Defense trotzdem treffen konnte.

Ridder fehlen diese Tools, weshalb er mental on point und fehlerfrei sein muss, um überhaupt in Richtung NFL Durchschnitt zu kommen.

Sein Arm ist eher schwach und obwohl er als Scrambler bei außerplanmäßigen Plays schon Yards gutmachen kann, kann man diese Athletik kaum mit einem Malik Willis vergleichen. Designte Plays mit ihm als Rusher halte ich für unwahrscheinlich, maximal als Change Up.

Obwohl seine Mechanics grundsätzlich konstant aussehen, hat er teils noch absurde Misses bei einfachsten Pässen. Auch daran muss gefeilt werden.

Natürlich gibt es auch bei seinem Decision Making noch Dinge zu verbessern, selbst der mental am weiteste College Quarterback muss noch unfassbar viel lernen, wenn er in die NFL kommt – Erfolg niemals garantiert. Nie gab es mehr zu tun.

Sturzflug: Siehst du eine realistische Chance, dass die Falcons in Ridder eine langfristige Lösung auf QB relativ spät im Draft gefunden haben?

James: Die Chance Ridders ein Gesicht der Franchise im klassischen Sinne zu werden sehe ich kaum. Angesprochene Limitierungen seiner Physik machen dies einfach extrem unwahrscheinlich. Jede Wette auf einen QB mit seinem Profil ist eine Wette auf den nächsten Tom Brady… und seit 2001 hatten wir von der Sorte nur einen.

Dies macht den Pick aber in keiner Weise zu einem schlechten. Selbst einen durchschnittlichen oder einen Lower Level QB in der dritten Runde zu bekommen wäre wertvoll. Nicht zwangsläufig für das nächste Jahrzehnt, aber zumindest für die Dauer seines Rookie Vertrags. Sollte Ridder die Rolle eines Point Guards und Ballverteilers einnehmen können (bitte hier um Wertschätzung dafür, wie hart ich den Begriff Game Manager vermeide), könnten die Falcons mehr Kapazitäten in seinen Supporting Cast stecken – auch auf diesem Wege kann man für einen gewissen Zeitraum competitive sein. Man denke an Jimmy Garoppolo oder Baker Mayfield.

Sturzflug: Was müsste er in deinen Augen konkret in dieser Saison leisten, damit die Falcons nächstes Jahr im Draft keinen QB früh im Draft 2023 auswählen?

James: Sehe kein Szenario, in dem die Falcons einen frühen Pick haben und den nicht auf QB einsetzen (sollten). Du suchst solange nach einem QB, bis du einen findest.

Natürlich kann es sein, dass Ridder in der zweiten Saisonhälfte randarf und ein paar solide Spiele aneinanderreiht, was die Falcons dazu bringt in ihm den nächsten Matt Ryan zu sehen – aber schlau wäre das vermutlich nicht.

Sturzflug: Vielen Dank für deine Zeit und Einschätzungen.

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